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Quelle: Bild: Eine Jugendgruppe auf den Spuren der Geschichte; Fotograf: Susan Schulz

Lichtenhagen 1992 - Eine multimediale Stadttour für junge Menschen

Evangelische Akademie der Nordkirche
Praxisbeispiel der Evangelischen Trägergruppe für gesellschaftspolitische Jugendbildung


An die massive Gewalt und das brennende Sonnenblumenhaus in Rostock Lichtenhagen im Jahr 1992, aber auch an das Versagen der Politik und der Polizei sowie die zu kritisierende Rolle der Medien, erinnern kleine weiße Marmor-Denkmäler in der Hansestadt Rostock.

Viele Menschen nehmen diese Denkmäler im öffentlichen Raum kaum wahr oder wissen nicht um ihre Bedeutung. In Stadtführungen sind sie bisher nicht aufgenommen. Die in Gehwegplatten eingravierten Titel der Denkmäler sind nur schwer auffindbar und Hinweisschilder gibt es nicht.

In diesem Jahr im August wurde in Rostock besonders intensiv an die rassistischen Ausschreitungen gegen Asylbewerber*innen und die vietnamesischen Vertragsarbeiter*innen erinnert. Sie sind nun 30 Jahre her. Die Evangelische Akademie der Nordkirche hat das zum Anlass genommen, um eine multimediale Stadttour zu entwickeln, anhand derer kleine Gruppen sich auf Spurensuche machen können.

Eine spannende Tour entsteht mit und für junge Menschen

Für die Entwicklung der Tour wurden die bestehenden Kunstwerke genutzt und gemeinsam mit Jugendlichen und der Universität Rostock eine Route entlang einiger Denkmäler geplant. Hier können nun Videos angeschaut werden, die zum Beispiel damalige Nachrichten zeigen. Zeitzeugen kommen zu Wort. Man rätselt gemeinsam, warum an Orten, die zumeist weit weg vom bekannten Sonnenblumenhaus sind, nun Denkmäler stehen und worauf sie hinweisen sollen. Auch Umfragen in der eigenen Gruppe oder mit Passantinnen und Passanten erwarten die jungen Menschen.

Das Denkmal, welches an dem Ort steht, wo 1992 ein alternativer Jugendtreff war, ist ebenfalls Bestandteil der Tour. Es ähnelt einem kleinen Vogelhaus. Hier können Sonnenblumenkerne abgelegt werden und die jungen Menschen werden dazu angeregt, sich einen Titel für dieses Denkmal zu überlegen. Viele würden es gern „Haus der Hoffnung“ oder „Recht auf Asyl“ oder „Das helfende Dach“ oder „Schutzhaus“ nennen.

Verschiedene Fragen tauchen auf: Warum passierte das ausgerechnet in Rostock? Kann sich das heute wiederholen? Wieso haben so viele Menschen keine Verantwortung übernommen? Während und nach der Tour nutzen wir die Möglichkeit, miteinander zu sprechen und einen Bezug zum heutigen gesellschaftlichen Geschehen zu finden. Nachdenklich macht der Satz eines Teilnehmers: „Auch heute gibt es viele Spannungen und aggressives Potential. Ich spüre das in meinem Alltag.“ Gefragt nach dem, was sich die jungen Menschen für das Miteinander in Rostock wünschen, klingt es aber auch hoffnungsvoll: Offenheit, Toleranz, Vielfalt und eine bessere Sichtbarkeit für die Denkmäler und mehr geschichtliche Aufklärung. Eine junge Frau sagt nach der Tour: „Ich bin selbst erst 20 Jahre alt, aber ich habe jetzt einen Eindruck davon, wie die damalige Lebenssituation der Menschen in Rostock und insbesondere in der ehemaligen Aufnahmestelle für Asylbewerber war.“

Lebendige Eindrücke gibt es nicht nur in Rostock

Die Logo!-Kindernachrichten vom Kinderkanal des ZDF haben am 23. August 2022 einen Beitrag veröffentlicht, in welchem sie die Tour etwas genauer vorstellen. Der Beitrag gibt einen lebhaften Einblick in die Tour, stellt u.a. die Eindrücke der jungen Menschen dar und kann hier angesehen werden.

Die Jugendredaktion des lokalen Radiosenders aus Rostock „Lohro“ nahm selbst an der multimedialen Tour teil und erfuhr dadurch viel über die damaligen Geschehnisse. Im Anschluss interviewte eine junge ehrenamtliche Redakteurin Claudia Carla, Jugendbildungsreferentin bei der Evangelischen Akademie der Nordkirche und Dr. Gudrun Heinrich, Leiterin der Arbeitsstelle Politische Bildung am Institut für Politik- und Verwaltungswissenschaften der Universität Rostock zur Tour und deren Inhalten. Interessierte können hier genauer reinhören.

Die Tour wurde mit der  App „Actionbound“ entwickelt und findet sich hier.

Neu ist auch eine englische Version, die sich hier findet.


Ansprech­partner*innen

Claudia Carla


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